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Ortheils Lesetipps Frühjahr 2021

Der Autor Hanns-Josef Ortheil stellt hier jeden Monat seine drei persönlichen Lesetipps vor:

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Elena Ferrante: "Zufällige Erfindungen", Suhrkamp

 

Aus dem Italienischen von Karin Krieger.

Vor einigen Jahren hat sich die Romanautorin Elena Ferrante einem riskanten Experiment unterzogen. Auf Einladung des britischen Guardian hat sie Woche für Woche eine Kolumne geschrieben. Mehrere mögliche Themen wurden ihr von der Redaktion genannt, und Elena Ferrante hatte die Freiheit, sich für eines von ihnen zu entscheiden. Das Experiment hätte schiefgehen können: weil 52 Kolumnen in einem Jahr ein anstrengender Langstreckenlauf sind, weil bestimmte Themen nur auf den ersten Blick interessant sind oder weil sich auf Dauer eine Routine einstellen könnte. Anhand der Buchausgabe der Kolumnen kann man den Test machen, Thema für Thema, Woche für Woche. Keine Sorge, Elena Ferrante kennt ein gutes Rezept, den Gefahren des Experiments zu entgehen. Sie schreibt über „Ängste“ oder „Töchter“ oder „Ausrufungszeichen“ – und erzählt umstandslos von sich selbst und so passioniert, als wäre sie gerade auf ein großes Romanthema gestoßen.

Florian Werner: "Die Raststätte - Eine Liebeserklärung", Hanser Berlin

 

Als Kind habe ich Raststätten geliebt und mich meist gefreut, wenn ich in einem Auto saß, das sie anfuhr. Das ist längst anders, denn jetzt stürze ich in eine Raststätte, trinke und esse rasch etwas, das ich sonst nie trinke und esse, eile auf die Toilette und sitze schwuppdiwupp wieder am Steuer: Nix wie weg! Das ist sehr schade, flüstert das Buch von Florian Werner, das der Raststätte als Liebesobjekt für die Sensibelchen unter den autofahrenden Frauen und Männern huldigt. Damit das gelingt, quartiert er sich in der Raststätte von Garbsen Nord ein und kümmert sich um alle Details: Die Bauten, das Essen, die Toiletten, die Kunden, die Gespräche, ja, sogar um das Drumherum sämtlicher Pflanzen. Und?! Was passiert?! Man lernt eine Raststätte verstehen, man schaut ihr in die Augen, man sieht ihr fast alles nach, und man trennt sich von seinem Liebesobjekt nur, weil man weiß, dass man sich bald wiedersehen wird. Ein Buch der „Umwertung aller Werte“: Das Unterschätzte feiert Triumphe! Garantiert schon während der nächsten Autobahnfahrt!

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Patricia Highsmith: "Ladies - Frühe Stories", Diogenes

 

Aus dem Amerikanischen von Melanie Walz, Dirk van Gunsteren und pociao.

Es gab einmal eine Zeit, in der ich Highsmith-süchtig war und einen Highsmith-Roman nach dem anderen gelesen habe. Damals war sie für mich die Meisterin in der Herstellung eines Kribbelns, das sich bei meinen Nachforschungen als „Suspense“-Kribbeln entpuppte. Über dieses Empfinden von unheimlich wirkender Spannung, in die sich Angst, Furcht und eine starke Unruhe mischen, hat sie sogar einmal ein ganzes Buch geschrieben. Jetzt aber bin ich gespannt auf ihre „frühen Stories“ aus ihren Anfängerjahren als Schriftstellerin und damit aus einer Anlaufzeit vor den großen Romanen. Erste Texte großer Autorinnen und Autoren haben mich immer sehr interessiert. Mit ihrer Hilfe kann man verfolgen, wie sich das spätere Schreiben herausbildet und entwickelt. So auch anhand von „Ladies“: Da steht eine khakifarbene Allzwecktasche auf einem Bahnsteig…, da widmet sich ein Sonderling dem Studium von Schnecken…, da toben sich Spinnen auf einer Veranda aus…, und da findet ein junges Mädchen beim Blick durch das Fenster ihrer New Yorker Wohnung hinab auf die Straße eine mögliche Freundin. Das Kribbeln ist bereits da, man spürt lauter kurze, heftige Schocks und fragt sich: Wie geht es weiter?!

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